DZHW-LCSS Forschungskolloquium am 03.04.2023
Das DZHW und LCSS lädt zum nächsten gemeinsamen Forschungskolloquium am 03.04.2023 ein. Mit Blick nach Südamerika präsentiert Prof. Dr. Philipp Altmann (Universidad Central del Ecuador, Quito). Auszüge aus seiner Forschung. Der Titel seiner Präsentation lautet: „Universität und Soziologie in Ecuador“.
Der Vortrag findet in Präsenz ab 16.15h im Festsaal des Königlichen Pferdestalls (Appelstr. 7, 30167 Hannover) statt. Das Abstract zur Präsentation findet Ihr/Sie nachstehend.
Abstract des Vortrags „Universität und Soziologie in Ecuador“
Die Einführung der Soziologie -ab 1915 als Kurs im Rechtsstudium- ist ein zentrales Element der Modernisierung der Universität in Ecuador. Sie ist mit dem Versuch verbunden, den angehenden Anwälten ein Wissen über die Gesellschaft zu vermitteln, dass ihnen für Positionen in der Regierung oder dem höheren öffentlichen Dienst helfen kann. Deshalb wurden die Sozialwissenschaften bis in die 1960er als Herrschaftswissen verstanden; die Bevölkerung sollte von einer wohlwollenden und gebildeten Elite erzogen werden. Daher ist es wenig verwunderlich, dass diese frühe ecuadorianische Soziologie vor allem auf Herbert Spencer und ein organizistisches Gesellschaftsverständnis und auf Gabriel Tarde und seine Theorie von Innovation und Imitation baut.
Das ändert sich erst mit der Modernisierung der Universität hin zur einer wissenschaftlich grundierter Berufsausbildung seit den 1950ern. Die Studierendenzahlen steigen, die ersten Vollzeitprofessuren werden geschaffen. Die Soziologie in der Anwaltsausbildung wird ab 1961 an der Universidad Central in Quito um einen politikwissenschaftlichen Studiengang ergänzt. Im Zuge einer weitergehenden Reform von 1963 bis 1967 wird versucht, das US-amerikanische College-System in Ecuador zu etablieren. In diesem Zusammenhang wurden Vollzeitstellen für Professoren verbreitet und ein zentrales Immatrikulationssystem eingeführt. An der neuen Fakultät für grundlegende Wissenschaften wird 1964 ein Soziologiestudiengang aufgebaut.
Dieser Versuch einer Modernisierung scheitert, ab 1967 sind die Universidad Central und die anderen Universitäten deutlich stärker politisiert. Das geht mit einem Generationswechsel einher. Gerade die Soziologie wird von jungen, oft in Europa oder den USA ausgebildeten Forschern definiert, die mit der früheren Tradition brechen und eine kritische und marxistische Soziologie aufbauen wollen. Bis in die 1980er bildete sich ein neuer Kanon für die ecuadorianische Soziologie heraus, der auch die an anderen Universitäten neu entstandenen Soziologiestudiengänge definieren sollte. Ab Mitte der 1980er beginnt eine lange Krise, zuerst auf wirtschaftlicher Ebene durch eine hohe Inflation eine drastische Entwertung der Gehälter, dann auf politischer durch das Ende der Sowjetunion.
Dieser Vortrag basiert auf dem Buch „Sociology in Ecuador“, 2022 bei Palgrave Macmillan erschienen. https://link.springer.com/book/10.1007/978-3-031-14429-5
Wir freuen uns über Ihre/Eure zahlreiche Teilnahme und eine angeregte Diskussion, gern auch bei einem anschließenden Umtrunk in der Gaststätte „Kaisers“.
Termin
03. Apr. 202316:15 - 18:15
Ort
Festsaal des Königlichen Pferdestalls(Appelstraße 7
30167 Hannover